Fritz Schwegler
(* 7. Mai 1935 in Breech bei Göppingen; † 3. Juni 2014 ebenda) war ein bildender Künstler, Maler, Zeichner, Bildhauer, Schriftsteller und Musiker. weiterlesen…Fritz Schwegler besuchte von 1942 bis 1950 die Volksschule in Börtlingen. Im Anschluss machte bis 1954 eine Schreinerlehre. Von 1955 bis 1958 reiste er als Wandergeselle durch Europa, Kleinasien und Afrika, arbeitete in Paris, Rom, Kairo, New York und Tokio. 1959 legte er in Stuttgart die Meisterprüfung als Schreiner ab und wurde Staatlich geprüfter Betriebstechniker Holz, besuchte die Schule des schlesischen Holzschnitzers Ernst Rülke. Von 1960 bis 1963 arbeitete Schwegler als Lehrer im Stuttgarter Jugendhaus. Parallel studierte er ab 1961 Bildhauerei an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Stuttgart. 1963 setzte er das Studium an der City and Guilds of London Art School fort. Ab 1962 lebte er als freischaffender Bildhauer. 1973 erhielt er eine Dozentur für Plastische Grundlehre an der Kunstakademie Düsseldorf. 1975 erhielt er eine Professur an der Akademie, zunächst für Malerei, ab 1987 für Bildhauerei, die bis 2001 andauerte.
Fritz Schwegler war Mitglied im Deutschen Künstlerbund. In den 1990er Jahren entwarf er ein Grabdenkmal für die Kasseler Künstler-Nekropole. Schwegler lebte und arbeitete sowohl in Breech bei Göppingen als auch in Düsseldorf. Er verstarb in Breech im Alter von 79 Jahren. Beigesetzt wurde er im Juni 2014 auf dem Friedhof in Börtlingen. Er war mit der Künstlerin Hildegard Schöneck verheiratet (* 1948 in Köln), die von 1973 bis 1979 an der Kunstakademie Düsseldorf studierte.
Ab 1962 skizzierte Schwegler Ideen, Bilder und Einfälle auf sogenannten Urnotizen, die mit Einfallsnummern, mit Effeschnummern, abgeleitet von seinen Initialen, oder als English Nobel = EN gekennzeichnet wurden. Diese in Klarsichthüllen gesteckte Motivsammlung auf Ringbuchpapier im DIN-A5 Format legte der Künstler in Ordnern ab. Von 1962 bis 1966 entstand das Schwarze Archiv, fast vierhundert kleinformatige Plastiken aus Hartgips, später in Bronze, zunächst durchgehend in Schwarz. Zur Präsentation entwickelte Schwegler den „Kasten der Einfälle“, eine Art Setzkasten, in dem die Arbeiten ausgestellt wurden. Von 1966 bis Anfang der 1970er Jahre schreinerte er etwa vierhundert Holzmodelle, circa zwanzig Mal zwanzig Zentimeter groß, die farbig gefasst wurden und in eigens dafür entworfenen Stahlblechtürmen präsentiert wurden. Einige ausgewählte Formen realisierte er zusätzlich in Formaten bis zu 1,80 Meter.
Nach ersten Anfangserfolgen beschloss Schwegler Ende der 1960er Jahre eine Werkzäsur. Er verfügte weder über Geld noch Platz zur Umsetzung seiner Ideen und verzichtete ab 1969 für zwanzig Jahre auf die skulpturale Ausführung seiner Ideen. Von 1969 bis 1974 entstand der Werkkomplex Effeschiaden, dessen Namen Schwegler von seinen Initialen F Sch ableitete. Die Effeschiaden stellten eine Erweiterung der Urnotizen dar und bestanden aus einer Bild-Text Anordnung auf Schreibpapier im DIN-A4-Format. Jedes Blatt zeigte in der oberen Hälfte ein Objekt oder eine situative Konstellation, die auf der unteren Hälfte mit einem handgeschriebenen Text kombiniert wurde. Als Schwegler erkannte, dass die Ausstellungsbesucher seine Texte nicht lesen, verwandelte er sich Anfang der siebziger Jahre zu einer Art Bänkelsänger, der im rituellen Gesang, begleitet von Flötenspiel, Gesang, Schweglerpfeife und Glocke, über Moritaten berichtete und auf seine Schautafeln verwies. Ab 1973 wurden seine Auftritte in Filmen und Fotoserien festgehalten.
Um Bild und Text zusammen zu bringen, entstand ab 1980 die Serie Abulvenz, die Schwegler in unterschiedlichen Formaten auf weißen Gründen malte. Die Abulvenz wies ein freies Zuordnungsspiel von Bild- und Satzgegenständen auf. Ab 1985 unternahm der Künstler einen weiteren Werkanlauf in die Sprache und verordnete sich für den Zeitraum von weiteren zehn Jahren das Programm der sogenannten Probeläufe. Während der Akademiesommerferien setzte er in Breech zu einer systematischen Weltbeschreibung an mit je zwölf Kapiteln vom Zimmer, Haus, Dorf, Kreis, Land, über Staaten und Kontinente bis zurück zum All. Dafür erfand er die sich transformierenden Referenzfiguren „Karl Anker“ und „Jutta Tann-Dorée“. Ab 1985 wurde das Abulvenz-System um die A-Leisten erweitert. Hier gestaltete der Maler sechsfarbig gemusterte, auszackende Rahmen, wobei auch die Rückseiten der Leinwände einbezogen wurden. Von 1990 bis 1999 fertigte Schwegler 1000 Notwandlungsstücke: handgroße, farbige Bronzestücke, die im Wachsschmelzverfahren realisiert wurden und kleinteilige figurative Konstellationen darstellten. Im Jahr 2000 setzten sich in gleicher Art und Technik wie die 1000 Notwandlungsstücke 111 Seezungen-Fortsetzungen an, die weitere skulpturale Ideen im Kleinformat darstellten. 2001 folgten die 42 Göppinger Räte, ein Auftrag der Stadt Göppingen für das historische Rathausfoyer anlässlich der Eröffnung eines neuen Anbaus. Die schwenkbaren Bronzetafeln wurden mit Scharnieren in Augenhöhe an der Wand angebracht. Auf ihnen befinden sich Wort-Bild-Kombinationen. Von 2002 bis 2005 arbeitete Schwegler an der Werkgruppe 88 Souveräne. Er wählte aus den Urnotiz-Bänden 88-99 Bilder und Satzgegenstände aus, kombinierte sie mit Hilfe von Zeichnungen und Pappmodellen, ließ sie in Bronze gießen und bemalte die Motive in blank poliertem Rahmen.
Anstelle von Katalogen und Werkdokumentationen gab Schwegler zu seinen Ausstellungen Künstlerbücher heraus, die sowohl Zeichnungen und Entwürfe zu Kleinplastiken als auch handschriftlich gesetzte Texte mit eigenwilligen Wortprägungen enthielten.
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