(* 26. Dezember 1911 in Bagheria (amtlich gemeldet in Palermo am 2. Januar 1912); † 18. Januar 1987 in Rom) war ein italienischer Maler, Zeichner, Illustrator, Bühnenbildner, Kunstkritiker, Essayist und Politiker. Er vertrat einen moralisch motivierten Realismus, der sich vor allem in Auseinandersetzung mit den historischen und zeitgenössischen Realismen und dem Werk Pablo Picassos entwickelte. weiterlesen…
Guttuso blieb im Wesentlichen Autodidakt. Er entdeckte schon als Kind seine Liebe zur Malerei und erlernte bei einem Sizilianischen Karrenmaler in Bagheria den Umgang mit Farbe und Pinsel. Erste signierte Bilder – Porträts und Landschaften – entstanden um 1924, erste Auftragsarbeiten folgten um 1928. Der futuristische Maler Pippo Rizzo in Palermo verhalf ihm zu Ausstellungsmöglichkeiten auf dem italienischen Festland.
1938 ließ er sich dauerhaft in Rom nieder, wo er seiner späteren Ehefrau Mimise Dotti begegnete. Im selben Jahr wurde er aktives Mitglied der später von den Faschisten aufgelösten Künstler- und Literatengruppe um die Zeitschrift Corrente (zunächst Corrente di vita), die sich gegen den Idealismus des seitens der faschistischen Kulturpolitik geförderten „Novecento Italiano“ wandte. Dieser Gruppe gehörten auch Renato Birolli, Mario Mafai, Raffaele de Grada, Lucio Fontana und Fausto Pirandello an.
Um 1938 erhielt Guttuso eine Postkarte mit einer Abbildung von Picassos kurz zuvor entstandenem Jahrhundertwerk Guernica, die er fortan in der Brieftasche bei sich trug. „Guernica“ wurde für ihn zum Schlüsselwerk und zum leuchtenden Beispiel einer politisch verantwortungsvollen Kunst. Er setzte sich in zahlreichen eigenen Werken mit dessen formalen und inhaltlichen Lösungen, dessen Symbolik und politischer Schlagkraft auseinander. 1945, unmittelbar nach Kriegsende, machte Guttuso in Paris die persönliche Bekanntschaft Picassos und freundete sich mit ihm an.
1987 starb der Künstler in Rom. Er wurde im Garten der Villa Cattolica in Bagheria begraben. Der Bildhauer Giacomo Manzù schuf das Grabmonument.
Wenige Tage vor seinem Tod schenkte Guttuso der Galleria nazionale d'arte moderna in Rom einen großen Teil seiner Gemälde. Seine Heimatstadt Bagheria dagegen erhielt frühe Arbeiten, die dort seit 1986 im hier eingerichteten Guttuso-Museum in der Villa Cattolica ausgestellt sind. Sein Adoptivsohn Fabio Carapezza-Guttuso leitet die Guttuso-Archive im letzten römischen Atelier des Künstlers im oberhalb der Trajansforen gelegenen Palazzo del Grillo.
Guttusos Ruhm als Maler und Zeichner basiert vorwiegend auf einigen engagiert Stellung beziehenden Ölbildern und einem Zeichnungszyklus aus der Zeit des Zweiten Weltkrieges. Daneben entstanden Landschaften, Akte, Porträts, Stillleben, episch-allegorische Darstellungen und Historienbilder. Guttuso fertigte ferner ab den vierziger Jahren Bühnenbilder zu Aufführungen italienischer Bühnen und zahlreiche Buchillustrationen an.
Guttusos erste signierte Arbeiten entstanden im Alter von etwa 12 Jahren; seine frühen Bildnisse und Landschaften waren zunächst postimpressionistisch geprägt. In den dreißiger Jahren zeigte sein Werk Einflüsse des „Novecento Italiano“ und des kompakten, archaisierenden Stils Carlo Carràs; Beispiele sind die Gemälde „Palinuro“ (Palinurus) oder „I naufraghi“ (Die Schiffbrüchigen) von 1932. Das auf die Erschießung Federico García Lorcas während des Spanischen Bürgerkrieges bezogene Fucilazione in Campagna (Erschießung auf dem Feld, 1938, Öl auf Leinwand, Galleria Nazionale d'Arte Moderna, Rom) war Guttusos erstes Werk, das politisch klar Stellung nahm. 1939 entstand die Fuga dall'Etna (Flucht vor dem Ätna, Öl auf Leinwand, ebd.; 3. Preis des Premio Bergamo 1940). Stilistisch und thematisch von Eugène Delacroix' Die Freiheit führt das Volk, aber auch vom Expressionismus beeinflusst, nahm das Bild zusätzlich Motive aus Picassos Guernica auf, um die Besetzungen brachliegenden Landes durch sizilianische Bauern zu thematisieren.
Während des Zweiten Weltkrieges malte Guttuso eine Reihe von Stillleben, darunter Interno con gabbia (Interieur mit Käfig, 1939, Öl auf Leinwand), Un angolo dello studio a via Pompeo Magno (Eine Ecke des Ateliers in der via Pompeo Magno, 1941, Öl auf Leinwand) und Natura morta con drappo rosso (Stillleben mit rotem Tuch, 1942, Öl auf Leinwand) – mit beunruhigenden Symbolen in kräftigen Farbtönen angefüllte Räume, die das Eindringen des Faschismus in das Alltagsleben der Menschen thematisieren. Als Provokation wurde in faschistischen und klerikalen Kreisen die 1940 entstandene „Crocifissione“ (Öl auf Leinwand, ebd.) mit der nackten Trauernden unter dem Kreuz Christi und einem Stillleben aus Folterinstrumenten aufgefasst. „Die Kreuzigung“, so Werner Haftmann, „hatte eine außerordentliche Wirkung. Sie erhielt 1942 den renommierten „Premio Bergamo“. Und das brachte die bürgerliche Welt und die Kirche auf den Plan, die sich über die nackte Magdalena und die unkonventionelle Darstellung empörte und den Maler als „Pictor diabolicus“ anprangerte. Das junge intellektuelle Italien aber begriff sehr wohl, dass diese Richtstätte nicht eigentlich das Opfer des Gottessohnes meinte, sondern ein stellvertretendes feierliches „Imago“ war für Bosheit und Leid der in ihren Krisen geschüttelten zeitgenössischen Welt.“
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