(* 23. Januar 1938 in Deutschbaselitz, Sachsen; eigentlicher Name Hans-Georg Kern) ist ein deutscher Maler und Bildhauer. weiterlesen…
Nach Kindheit, Schule und Abitur in seiner Oberlausitzer Heimat begann er 1956 ein Studium der Malerei an der Hochschule für bildende Künste in Berlin-Weißensee (Ost-Berlin) bei den Professoren Herbert Behrens-Hangeler und Walter Womacka. Bereits hier zeigte sich seine individuelle Persönlichkeit, die so gar nicht den sozialistischen Vorstellungen der DDR entsprach. Dies führte nach zwei Semestern wegen „gesellschaftspolitischer Unreife“ zum Verweis von der Hochschule. 1957 setzte er sein Studium an der Hochschule der bildenden Künste bei Professor Hann Trier in West-Berlin fort, dem 1958 der endgültige Umzug nach West-Berlin folgte. Hier setzte er sich verstärkt mit den Theorien von Wassily Kandinsky, Ernst Wilhelm Nay und Kasimir Malewitsch auseinander. Er reiste nach Paris und Amsterdam und beschäftigte sich mit Antonin Artaud, Jean Dubuffet und der Kunst von „Geisteskranken“ (Sammlung Prinzhorn).
Im Jahr 1961 nahm er den Künstlernamen Georg Baselitz an, angelehnt an seinen Geburtsort. Gemeinsam mit seinem Kollegen Eugen Schönebeck gestaltete er eine Ausstellung in Berlin und veröffentlichte das (später so genannte) 1. Pandämonische Manifest, 1962 veröffentlichten beide das eigentliche Pandämonium (2. Pandämonisches Manifest). Aber auch im „Westen“ entsprachen seine Werke nicht den gesellschaftlichen Werten und Normen, was 1963 zum Eklat führte. Seine Bilder Die große Nacht im Eimer und Der nackte Mann auf seiner ersten Einzelausstellung in der Berliner Galerie Werner & Katz waren Gegenstand eines gezielt inszenierten Skandals, der erst nachträglich zu der Beschlagnahmung durch die Staatsanwaltschaft führte, die ein mit dem Galeristen befreundeter Kunstkritiker in der B.Z. zuvor frei erfunden hatte – ein Fall von self-fulfilling prophecy. Im Frühjahr 1965 war er Stipendiat der Villa Romana in Florenz. 1969 malte Baselitz mit Der Wald auf dem Kopf sein erstes Bild in konsequenter Motivumkehr. Dem folgte 1970 in der Kölner Galerie Franz Dahlem die erste Ausstellung, in der ausschließlich „kopfstehende“ Bilder zu sehen waren. 1971 zog er nach Forst an der Weinstraße. Vier Jahre später, 1975, erwarb er das denkmalgeschützte Schloss Derneburg bei Hildesheim. 2006 verkaufte er Schloss Derneburg an den US-amerikanischen Finanzinvestor und Kunstsammler Andrew J. Hall und zog nach Buch, einem Ortsteil von Inning am Ammersee in Oberbayern.
Seit 2013 wohnt er in Salzburg. Hier erhielt er am 27. Mai 2015 für außerordentliche Leistungen für die österreichische Kunst und seine Großzügigkeit gegenüber Österreichs Museen gemeinsam mit seiner Frau Johanna Elke, geborene Kretzschmar, (Heirat 1962) die österreichische Staatsbürgerschaft.
Im Juli 2015 wurde bekannt, dass Baselitz aus Protest gegen die geplante Verschärfung des deutschen Kulturgutschutzgesetzes seine Leihgaben aus deutschen Museen zurückziehen werde. Die Novellierung sah zu diesem Zeitpunkt vor, Museumssammlungen in ihrer Gesamtheit unter einen Ausfuhrschutz zu stellen.
Baselitz prägte mit seinen Werken die moderne Malerei ab 1960. Mit teils obszönen Darstellungen, vor allem Anfang der 1960er Jahre, wirkte er stark provokativ, allerdings erst, nachdem er 1957 die Kunsthochschule Berlin-Weißensee wegen „sozio-politischer Unreife“ verlassen musste, weil er nicht wie angeordnet zum Praxiseinsatz in einem Kombinat fuhr, sondern lieber Bilder nach Picasso malte.
Sein Bild Die große Nacht im Eimer (1962/1963; Museum Ludwig, Köln), das einen Jungen beim Masturbieren darstellt, ist sein bekanntestes Werk dieser Zeit.
Seine Bilder sind von einer groben Malweise geprägt. Seine „Heldenbilder“ wie Die großen Freunde (Museum Ludwig, Köln) der 1960er Jahre sind typische Beispiele.
Mitte der 1960er Jahre fing Baselitz an, die Bildmotive in Streifen zu zergliedern und neu zusammenzufügen; seine sogenannten Frakturbilder. Dies führte unter anderem 1969 zur Motivumkehr mit seinem Bild Der Wald auf dem Kopf.
Mit diesen „auf dem Kopf“ stehenden Bildern wurde er ab Mitte der 1970er Jahre weltweit berühmt. Seine Werke hingen und hängen bei fast allen namhaften internationalen Ausstellungen und Museen. Wie auch in seinen früheren Werken wollte er dem Betrachter die Eigenständigkeit der Malerei gegenüber der herkömmlichen Wirklichkeit vor Augen führen. Mit dem Umdrehen seiner Bilder nahm er dem Bild seinen konventionell gedachten Inhalt, machte also den Bildgegenstand gegenstandslos und damit abstrakt. Durch das Auf-den-Kopf-Stellen seiner Werke konnte er den Betrachter direkt mit der Organisation von Farbe und Form auf der Bildfläche konfrontieren, unabgelenkt vom persönlichen Inhalt des Bildes. Auf diese Weise inhaltsleer geschaffen, sind Baselitz’ Bilder nicht interpretier-, sondern lediglich betrachtbar. Der Künstler zählt Pablo Picasso, Alberto Giacometti, Joseph Beuys und auch die expressionistischen Maler der Künstler-Vereinigung Brücke zu seinen Vorbildern.
Hierbei ist bedeutsam, dass Baselitz bereits die Komposition des Bildes auf dem Kopf stehend anlegt und dieses dann ebenso malerisch ausführt. Oft finden sich auch Spuren seiner Finger oder Fußabdrücke in den Bildern. Da es aufgrund der Größe der Formate schwierig für Baselitz ist, alle Bereiche gleichmäßig zu erreichen, läuft er einfach ins oder über das Bild.
Zwischen 1998 und 2005 erstellte er mehr als 60 „Russenbilder“. Er verfremdete die ihm aus der Jugendzeit in der DDR bekannten Bilder des sozialistischen Realismus. Sie wurden 2007/2008 in den Hamburger Deichtorhallen ausgestellt.
Motive aus Baselitz’ Gemälden finden sich zum Teil in seinen Skulpturen wieder und stellen auch kunsthistorische und biografische Bezüge her. Für große Holzarbeiten dienen Kettensägen als sein Handwerkzeug. Die Holzskulpturen werden oft für die Vervielfältigung bzw. für das Aufstellen im Freien in Bronze gegossen.
Baselitz wurde 1977 als Professor an die Staatliche Akademie der Bildenden Künste Karlsruhe berufen, wo er bis 1983 lehrte. Von 1983 bis 1988 und wieder von 1992 bis 2003 hatte er eine Professur an der Hochschule der Künste in Berlin inne, die 2001 in Universität der Künste Berlin umbenannt wurde.
Nach Baselitz entstehen seine Bilder nicht durch Interpretation eines Gegenstandes. Jeder Künstler muss die vorhergehenden Bilder verwerfen. Baselitz beginnt seine Bilder mit Disharmonie (Chaos, Handicaps, Tabubruch, Radikalität). Überraschenderweise stellt sich dann dennoch Harmonie in seinen Werken ein. Das Bild muss enthalten, was bisher noch nicht gesehen wurde.
Auch nicht vor seinen eigenen „älteren“ Bildern macht Baselitz beim Verändern Halt. In seiner Phase des „Remix“ gestaltet er Bilder, die er früher gemalt hat, auf eine bessere, zeitnähere und schärfere Art, also gewissermaßen aus einer neuen Perspektive.
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