Marc Chagall
(* 24. Juni./ 6. Juli 1887 in Peskowatik bei Witebsk, Russisches Kaiserreich, heute Weißrussland; † 28. März 1985 in Saint-Paul-de-Vence, Frankreich) war ein französischer Maler polnisch-jüdischer Herkunft. weiterlesen…Das familiäre Umfeld, sein Heimatort Witebsk, Motive aus der Bibel sowie aus dem Zirkus sind Hauptthemen seiner Bilder. Auch in seinen Mosaiken und in den von ihm gestalteten Fenstern und Theaterkulissen verwendete er die gleichen, stets wiederkehrenden Symbole. Chagall gilt als einer der bedeutendsten Maler des 20. Jahrhunderts. Er wird oft dem Expressionismus zugeordnet und als „Maler-Poet“ bezeichnet.
Im Winter 1906/07 zog er mit seinem Freund Viktor Mekler nach Sankt Petersburg, wo er die Aufnahmeprüfung für die Kunstakademie nicht bestand. Daraufhin begann er im Frühjahr 1907 gemeinsam mit Mekler eine Ausbildung an der von Nicholas Roerich geleiteten Schule der Kaiserlichen Gesellschaft zur Förderung der Künste. Im Juli 1908 verließ Chagall die Schule und ging für kurze Zeit an die Privatschule Saidenberg. In dieser Zeit malte er das berühmte schwarz-weiße Bild Der Tote, das oftmals ausgestellt wird.
Von 1908 bis 1910 besuchte Chagall die Schule von Jelisaweta Swanzewa, durch deren Leiter Léon Bakst er mit der neueren Malerei bekannt wurde. Während seiner Studienzeit bei Bakst fuhr Chagall oft nach Witebsk und lernte dort seine spätere Frau Bella Rosenfeld kennen. 1910 reiste Chagall nach Paris, wo er sich neue Anregungen für seine Kunst versprach. Die russische Kunstszene hatte in Paris – mehr als im eigenen Land – zu dieser Zeit eine große Resonanz erfahren.
Mit dem Erlös aus dem Verkauf zweier Bilder und mit einem kleinen Stipendium seines Gönners Maxim Winawer reiste Chagall im September 1910 nach Paris und bezog sein erstes eigenes Atelier in der Impasse du Maine (heute Rue Antoine Bourdelle), in der Nähe der Gare Montparnasse. Er hoffte auf Unterstützung durch die dort lebenden russischen Künstler.
Im Winter 1911/1912 begegnete den Avantgardisten des Montparnasse wie den Dichtern Guillaume Apollinaire, Max Jacob, Blaise Cendrars und den Malern Robert Delaunay, Albert Gleizes, Fernand Léger und Amedeo Modigliani. Mit Apollinaire, Cendrars, Delaunay und Léger verband ihn bald eine besondere Freundschaft. Im neuen Atelier konnte Chagall sich auch größeren Bildformaten zuwenden. Die dortigen Maler und Dichter nannten Chagall le poète („der Dichter“).
Chagall liebte das Licht in Paris, das der französischen Hauptstadt den Beinamen la ville lumière („die Lichtstadt“) gab, er nannte es sogar la lumière-liberté („das Licht der Freiheit“), denn mit Paris und dem Eiffelturm, seinem Wahrzeichen, verband der aus dem zaristischen Russland stammende Künstler die Idee der Freiheit, was er später durch den in seinen Bildern oft verwendeten Eiffelturm ausdrückte.
Kurz nach dem Einzug in sein Atelier im La Ruche nahm Chagall am Salon des Indépendants und dem Salon d’Automne teil, wo er in das Zentrum der französischen Kunst von 1910 eindrang. Im Salon sah er erstmals die explosiven Farben der Fauvisten und die ihm abstrakt scheinende Konstruktionsweise der Kubisten. Von der befreiend revolutionären Reichweite des Fauvismus war Chagall nahezu überwältigt. Er sah in den freien Farben, den Deformationen und den vom inneren Vorstellungsbild beeinträchtigten Formen fürs Erste die grenzenlose Freiheit.
Für Chagall war der Kubismus die „Sprache, in welcher sich die Magie der Welt ausdrücken ließ“. Chagall fand seinen Zugang zum Kubismus, anders als zeitgenössische Kollegen, nicht über Picasso, sondern über Robert Delaunay. Der Paroxysmus der Farben der Kubisten war es auch, der Chagall ermutigte, sich seiner explosiven Phantasie zu überlassen.
Viele der in dieser Periode entstandenen Bilder datierte Chagall später, wie heute bekannt ist, mit einer falschen Jahreszahl. So wurde etwa Ich und das Dorf auf 1911 datiert, obwohl es schon im La Ruche gemalt worden war. Der wichtigste Gefährte in den Pariser Jahren war der Dichter Blaise Cendrars, aus dessen Feder die Titel Ich und das Dorf, Meiner Braut gewidmet sowie Russland, den Eseln und den anderen stammten. Bei Literaten wie Cendrars fand Chagall Anerkennung und Bestätigung für seine Arbeit, da er – außer für einige Grafiken – in dieser Zeit noch keine Käufer für seine Bilder gefunden hatte. So war es dann Apollinaire, der die Bildwelten Chagalls, die sich trotz der Nähe zum Kubismus davon abgrenzten, den Namen surnaturel („übernatürlich“) gab. Später nannte Apollinaire sie dann surreal.
Chagall sah und entdeckte in Paris für sich Gouache – die Technik der mit Wasser angesetzten Deckfarbe auf Papier – und setzte diese nun als sein bevorzugtes Ausdrucksmittel ein. Sie ermöglichte ihm ohne Weiteres, seine spontanen Improvisationen zu malen, da das Material nicht teuer war. Während seiner vier Jahre in Paris malte Chagall Hunderte von Gouachen. Nur wenn er von vornherein ein greifbares Ergebnis erwartete, verwendete er Leinwände. Er malte kaum mehr als vierzig Leinwände, die er durch die Malereien mit Gouache vorbereitete. Chagall hatte sich die neuen französischen Malverfahren angeeignet, aber diese für sich verändert bzw. angepasst, damit sie seiner malerischen Phantasie halfen, seine Erinnerungen umzusetzen.
1913 lernte Chagall über Apollinaire den Berliner Kunsthändler Herwarth Walden kennen und nahm noch im selben Jahr am ersten Herbstsalon in Berlin teil. Nach drei Jahren verließ er zum ersten Mal Frankreich. Walden war ein Mentor des Expressionismus und Herausgeber des Sturm, einer deutschen Zeitschrift für avantgardistische Kunst. Im Frühjahr 1914 organisierte Walden auf Fürsprache Apollinaires in seiner Berliner Galerie Der Sturm Chagalls erste Einzelausstellung, die dieser als Chance für einen internationalen Durchbruch betrachtete. Er reiste zur Vernissage nach Berlin.
Im Herbst 1915 musste das Ehepaar Chagall nach Petersburg umsiedeln (das inzwischen Petrograd hieß), wo 1916 die Tochter Ida geboren wurde. Um dem Militärdienst zu entgehen, arbeitete Chagall in einer Dienststelle für Kriegswirtschaft bei seinem Schwager Jakov Rosenfeld. In Petrograd kam Chagall den neuen Tendenzen der Kunst in Russland näher. So griff er den Primitivismus von Natalia Gontscharowa und Michail Larionow auf, der seiner Bildauffassung nicht unähnlich war. Im November 1916 reiste er nach Moskau, um eine weitere Ausstellung zu eröffnen. Während der Zeit in Petrograd reiste Chagall, wenn es ihm möglich war, zurück nach Witebsk, um seine Familie zu besuchen. Chagall malte zu dieser Zeit überwiegend Bilder der ihn umgebenden Wirklichkeit, da ihn die Ereignisse des Weltkrieges prägten und seiner malerischen Phantasie beraubten, die er in Paris zurückgelassen zu haben schien. Die in Witebsk stationierten Soldaten, seine Familie, die Straßenszenen und die Landschaft um Witebsk lieferten ihm die Motive.
Als die Oktoberrevolution ausbrach, kehrte der Künstler mit Frau und Tochter nach Witebsk zurück. Da Chagall von der Revolution begeistert war, versuchte er selbst am revolutionären Umbruch in Russland mitzuwirken. Er entwarf die Konzeption einer Kunstschule in Witebsk, die von dem von Lenin zum Leiter des Kulturministeriums bestimmten Lunatscharski gebilligt wurde, den Chagall in Paris kennengelernt hatte. Dieser ernannte ihn am 12. September 1918 zum Kommissar für die Schönen Künste im Gouvernement Witebsk. Daraufhin gründete Chagall 1919 diese Schule, übernahm sogleich deren Leitung und erteilte Kunstunterricht. Es gelang ihm, Künstler der russischen Avantgarde wie Kasimir Malewitsch, El Lissitzky und Iwan Albertowitsch Puni zu berufen. Da Witebsk von den Hungersnöten in Russland weitgehend verschont blieb, kamen immer mehr Künstler an die Kunstakademie und wurden von Chagall als Lehrkräfte eingestellt.
Nachdem es zwischen ihm und Malewitsch immer wieder Streitigkeiten gegeben hatte, trat Chagall 1920 von der Leitung der Kunstakademie zurück. Zur damaligen Zeit gab es einen Richtungskampf um die zukünftige Kunst, bei welchem Malewitsch durch das Bild Schwarzes Quadrat auf weißem Grund zu einem der führenden Köpfe dieses Kampfes wurde. Malewitsch propagierte seine Kunst als „reine Malerei“, was sich mit Chagalls Auffassung nicht vereinbaren ließ. Chagall verließ mit seiner Familie Witebsk im Mai desselben Jahres in Richtung Moskau, wo die Familie in Armut leben musste. In dieser Zeit entwarf Chagall Wandbilder, Dekorationen und Kostüme für das „Jüdische Theater“ in Moskau. Die staatliche Nachfrage nach seinen Arbeiten ließ in dieser Periode stark nach, da sie nicht mehr in die offizielle Ideologie von Kunst und Künstler passten. Zu dieser Zeit wurden die Künstler nach ihrer politischen Brauchbarkeit klassifiziert; in dieser Klassifizierung landete Chagall ziemlich weit unten, da Malewitsch für sie verantwortlich war und er nicht viel von Chagall hielt.
Als Chagall im Sommer 1922 in Berlin ankam, besuchte er Walden, der in der Zwischenzeit seine zurückgelassenen Bilder verkauft und das erlöste Geld auf ein Konto einbezahlt hatte. Das Guthaben war jedoch durch die Inflation in Deutschland wertlos geworden. Chagall klagte vor Gericht auf Rückgabe von 150 Bildern. Als Entschädigung für seine beim Kriegsausbruch zurückgebliebenen Bilder kaufte das Gericht einige davon für ihn zurück. In Berlin lernte Chagall auch die lokal bekannte Gesellschaftsfotografin Frieda Riess kennen. Deren Atelier war bekannt für exklusive Treffen der Berliner High Society.
Noch im selben Jahr begann Chagall im Auftrag des Berliner Kunsthändlers Paul Cassirer Radierungen zu einer Buchausgabe von Mein Leben. Am 1. September 1923 siedelte Chagall mit seiner Familie nach Paris über, indem er der Aufforderung seines Freundes Blaise Cendrars folgte, der zu ihm sagte: „Komm zurück, du bist berühmt und Vollard erwartet dich!“[18] Er wurde von dem Pariser Verleger Ambroise Vollard, einem Mentor der Kubisten und väterlichen Freund Picassos, den Chagall durch Cendrars kennengelernt hatte, beauftragt, Die toten Seelen von Nikolai Gogol zu illustrieren. 96 Radierungen zu dieser Ausgabe, die indes erst 1948 erschien, schuf Chagall bis 1927.
Es begann nun eine sehr produktive Periode, in der Chagall seine durch den Krieg verlorenen Bilder nach Reproduktionen oder aus seinen Erinnerungen nachmalte. Er wollte damit nicht nur seine finanziellen Verluste ausgleichen, sondern auch seiner Vorstellung gerecht werden, dass seine Bilder „immer ein Stück seines künstlerischen Ich“ seien. So malte er in den darauffolgenden Jahren die meisten seiner Bilder ein zweites Mal.
Im Sommer 1924 reiste Chagall in die Bretagne, wo er die Schönheit der dortigen Landschaft entdeckte. Im selben Jahr zog Chagall mit seiner Familie in ein Appartement an der Avenue d’Orléans, in welchem Jahre zuvor schon Lenin gewohnt hatte. In Paris veranstaltete der Künstler seine erste Retrospektive.
Vollard beauftragte Chagall 1925 mit der Illustration für die Fabeln von Jean de La Fontaine. An seiner ersten Ausstellung in New York 1926 nahm er nicht teil. Im selben Jahr griff er mit seinem Bild Drei Akrobaten erstmals ein Zirkusmotiv auf, betört vom Zusammenspiel von Tanz, Theater und Musik. Eine Mappe mit einer Sammlung von Gouachen, die Chagall 1927 im Auftrag von Vollard anfertigte, wurde Cirque Vollard genannt. Von 1928 bis 1931 war Chagall mit den Radierungen zu den Fabeln von La Fontaine beschäftigt.
Ein Vertrag mit dem Kunsthändler Bernheim befreite Chagall und seine Familie von allen finanziellen Sorgen – die Familie zog in eine Villa um und konnte sich Reisen nach Südfrankreich leisten; außerdem reiste man in die Auvergne und nach Savoyen.
Nachdem Vollard Chagall 1930 vorgeschlagen hatte, Illustrationen zur Bibel anzufertigen, reiste dieser 1931 nach Palästina, um sich vor Ort mit den Landschaften der biblischen Welt vertraut zu machen. Insgesamt arbeitete Chagall von 1931 bis 1939 und von 1952 bis 1956 an den Bibel-Motiven.
Nach einer Reise in die Niederlande im Jahre 1932 hatte Chagall im darauffolgenden Jahr seine erste große Retrospektive in der Kunsthalle Basel. Chagall reiste 1934 nach Spanien; im selben Jahr entstand das Porträt Bella in Grün. Im Frühjahr 1935 reiste er nach Polen, wo er erkannte, dass die politische Wirklichkeit „eine Übermacht“ darstellte, der sich seine Bilder nicht mehr verschließen konnten. Für Chagall wurde in Polen zum ersten Mal die vom Dritten Reich ausgehende Bedrohung für die jüdische Welt spürbar. Chagall war tief erschüttert, als er das jüdische Viertel sah und noch mehr, als er als Augenzeuge mit ansehen musste, wie sein Freund Dubnow auf offener Straße als „Drecksjude“ beschimpft wurde.
1937 lebte Chagall in Villeneuve-lès-Avignon und reiste noch im selben Jahr nach Italien. Währenddessen wurden in Deutschland auf der Ausstellung „Entartete Kunst“ 59 Werke Chagalls konfisziert. 1938 erneuerte er seine Beschäftigung mit dem Thema der Kreuzigung, die ihm als höchstes Symbol für Leiden galt. Im Bild Die weiße Kreuzigung drückte er sein Entsetzen über die Judenverfolgung und den in Frankreich entflammten Antisemitismus aus. 1939 hielt sich Chagall an der Loire und in der Provence auf und erhielt den Carnegie-Preis. Während dieser Periode lähmte die nationalsozialistische Judenverfolgung in Europa sein Schaffen. In mehreren Bildern – so auch in seinem Werk Die Zeit ist ein Fluss ohne Ufer (1930–1939) – stellte Chagall die Lähmung durch ein diagonal in den Uhrenkasten gestelltes Pendel dar. Die gefährliche Zeit steht für ihn förmlich still. Als im September 1939 der Zweite Weltkrieg ausbrach, zog Chagall mit seiner Familie von der Loire ins südfranzösische Gordes, da ihm die größere Distanz zu Deutschland und dem Kriegsgeschehen auch eine gewisse Sicherheit vor einer möglichen Verhaftung und Deportation verschaffte.
Während Chagalls Aufenthalt in Marseille wurde er 1941 bei einer Polizeirazzia festgenommen. Die drohende Auslieferung an die Deutschen konnte durch Intervention der USA knapp verhindert werden. Das Vichy-Regime bot Chagall keinen Schutz mehr. Aufgrund der Hilfe von Varian Fry, dem Leiter des Emergency Rescue Committee, verließ er mit seiner Familie, mit einer Einladung des Museum of Modern Art in der Tasche, am 7. Mai 1941 Frankreich und brach per Schiff nach Amerika auf.
Familie Chagall traf am 23. Juni 1941, einen Tag nach dem deutschen Überfall auf die Sowjetunion, in New York ein. Nach einem kurzen Aufenthalt in Preston zogen sie in eine kleine Wohnung in New York. Dort traf Chagall auch Breton, Léger, Mondrian und Masson wieder, die schon vor ihm emigriert waren. Im Sommer des Jahres 1942 entwarf Chagall in Mexiko Bühnenbilder und Kostüme für das Ballett Aleko zur Musik von Tschaikowski, das am 10. September in Mexiko-Stadt uraufgeführt wurde. Im Sommer des Jahres 1943 hielt sich Chagall wieder in den USA auf, am Cranberry Lake (Bundesstaat New York). Das Kriegsgeschehen in Europa bewegte ihn trotz der großen räumlichen Entfernung sehr. Zum Thema Schrecken und Zerstörung durch Kriege malte er eine Reihe von Bildern, wie Der Krieg oder Die Kreuzigung in Gelb. Seine Frau Bella, die ihn zu vielen Bildern inspiriert hatte, starb am 2. September 1944 an einem Virusinfekt. Bella und die Tochter Ida waren Gegenstand vieler seiner frühen berühmten Bilder. Durch den plötzlichen Verlust seiner Frau fiel Chagall in eine Depression und war monatelang unfähig zu malen.
Im Frühjahr 1945 begann Chagall allmählich wieder Bilder zu malen. Darin wählte er häufig das Motiv der Braut. Noch im selben Jahr stattete er das Strawinsky-Ballett Der Feuervogel für die Metropolitan Opera in New York aus. 1946 hatte Chagall eine Retrospektiv-Ausstellung im Museum of Modern Art in New York.
Seine Sehnsucht nach einem ruhigen Ort auf dem Lande, an dem er ausschließlich arbeiten und Bilder malen könnte, erfüllte sich in High Falls, einem kleinen Dorf in den Catskill Mountains nördlich von New York, das Virginia für ihn entdeckte. Trotz der erforderlichen Umbau- und Renovierungsmaßnahmen an dem einfachen Holzhaus, das er dort erwarb, fühlte sich Chagall hier sehr wohl, lebte auf und wurde durch die Natur zu einer Reihe von Bildern angeregt.
Gedrängt von Bitten seiner Tochter Ida, die nach dem Ende des Kriegs bereits den Kunstmarkt in Paris sondierte, reiste Chagall im Mai 1946 zurück in die europäische Metropole, wo sich die Kunstszene neu belebte, Galeristen um exklusive Rechte wetteiferten und Freunde und Bekannte ihn seit langem aus dem Exil zurückerwarteten.
Trotzdem entstanden in Paris Skizzen in Gouache- und Pastelltechnik, die er in den 1950er Jahren als Ölgemälde der Pariser Serie fasste: Pont Neuf, Madonna of Notre Dame, Die Ufer der Seine, Quai mit Blumen. Chagall fühlte sich trotz vieler Begegnungen in Paris einsam und sehnte sich nach Virginia, dem einfachen Leben und High Falls zurück. Im August 1946 traf er wieder dort ein, wo in dem neu hergerichteten Atelier und unter dem Eindruck des blühenden Gartens eine Vielzahl von Bildern entstand, u. a. Green Dream, Arum Lilies, Bouquett with Flying Lovers, Die schöne Rothaarige, Selbstbildnis mit Wanduhr und Der gehäutete Ochse; im folgenden Winter malte er Die Auferstehung am Flussufer und Die Liebenden an der Brücke.
1947 hatte Chagall erneut eine Ausstellung im Musée d’art moderne de la Ville de Paris sowie weitere in Amsterdam und London. Außerdem vollendete er im selben Jahr seinen bereits 1923 begonnenen Engelsturz, in dem ein roter Engel kopfüber in die Tiefe stürzt. Nach reiflicher Überlegung beschlossen Chagall und Virginia im Sommer 1948, sich gemeinsam mit den Kindern endgültig in Frankreich niederzulassen.
Am 28. März 1985, starb Marc Chagall im Alter von 97 Jahren in Saint-Paul-de-Vence. Er wurde auf dem dortigen Friedhof in einem einfachen Steingrab beigesetzt.
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